Bentonit als Futtermittelzusatz bei Durchfall von Hunden und Katzen
von Sebastian MollDurchfallerkrankungen (Diarrhoe) gehören zu den häufigsten Gesundheitsproblemen bei Hunden und Katzen. Neben der symptomatischen Therapie (z. B. Flüssigkeitszufuhr, Schonkost) kommen in der tierärztlichen Praxis zunehmend Futtermittelzusätze zum Einsatz, welche die Verdauung stabilisieren und die Erholung des Darmes unterstützen sollen. Einer dieser Zusätze ist Bentonit – eine Tonerde mit besonderen Eigenschaften. Der vorliegende Fachbeitrag erläutert die Grundlagen von Bentonit, seine Wirkungsweisen sowie die wichtigsten Aspekte zur Anwendung bei Hunden und Katzen mit Durchfall.
1. Was ist Bentonit?
Bentonit ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Tonminerale, die überwiegend aus Montmorillonit bestehen. Bentonit weist aufgrund seiner mineralogischen Struktur eine hohe Ionenaustauschfähigkeit sowie Wasserbindungs- und Quellfähigkeit auf. Insbesondere die Fähigkeit, verschiedene Stoffe (z. B. Wasser, Elektrolyte oder Toxine) an sich zu binden, macht Bentonit in der Tierernährung und -medizin interessant.
Herkunft und Zusammensetzung
- Bentonit wird weltweit in unterschiedlichen Lagerstätten abgebaut.
- Hauptbestandteil ist Montmorillonit (60–80 %); daneben können weitere Minerale wie Illit, Kaolinit oder Quarz enthalten sein.
- Die genauen Eigenschaften variieren je nach Abbauort (z. B. Kalzium-Bentonit, Natrium-Bentonit).
2. Wirkweise bei Durchfall
2.1 Adsorption von Flüssigkeit und Toxinen
Eine der wichtigsten Eigenschaften von Bentonit ist seine Adsorptionskapazität. Bei Durchfällen kann Bentonit überschüssige Flüssigkeit sowie potenziell schädliche Stoffe im Darm (z. B. Toxine oder Bakterienfragmente) binden. Durch die Bindung wird:
- Der Stuhl fester und das Stuhlvolumen reduziert.
- Die Ausscheidung schädlicher Mikroorganismen oder Toxine gefördert, sodass sie weniger Zeit haben, die Darmwand zu schädigen.
2.2 Schutz der Darmschleimhaut
Bentonit bildet im Darm eine Art Schutzfilm. Dieser kann die Darmschleimhaut vor Reizungen bewahren und eine schnellere Regeneration fördern. Die entlastete Darmschleimhaut hat dann bessere Voraussetzungen, um sich zu erholen und wieder normal zu funktionieren.
2.3 Stabilisierung des Darmmilieus
Durch die Bindung überschüssiger Flüssigkeit und möglicherweise schädlicher Stoffe trägt Bentonit indirekt auch zur Stabilisierung der Darmflora bei. Ein ausgeglichenes Darmmikrobiom ist eine wichtige Voraussetzung für eine gesunde Verdauung und kann die Wahrscheinlichkeit weiterer Durchfälle reduzieren.
3. Einsatz in der Tierernährung
Die Verwendung von Bentonit als Futtermittelzusatz ist in der Europäischen Union u. a. durch die EFSA (European Food Safety Authority) bewertet worden. In der Tierernährung wird Bentonit sowohl bei Nutz- als auch bei Heimtieren eingesetzt.
3.1 Zulassungsstatus
- Laut Verordnung (EU) Nr. 1060/2013 ist Bentonit (in bestimmter Qualität) in der EU als Bindemittel, Fließhilfsstoff und Antiagglomerationsmittel zugelassen.
- Die EFSA hat in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2016 (EFSA Journal 2016;14(6):4488) die Sicherheit und Wirksamkeit von Bentonit für alle Tierarten bestätigt, sofern bestimmte Grenzwerte für Verunreinigungen (z. B. Dioxine, Schwermetalle) nicht überschritten werden.
3.2 Formen und Darreichung
- Pulver: Bentonit wird häufig in Form eines Pulvers unter das Futter gemischt.
- Granulat: Teilweise wird Bentonit als Granulat angeboten, das leicht zu dosieren ist und sich gut im Feuchtfutter verteilt.
- Kombipräparate: Bentonit wird häufig gemeinsam mit Probiotika, Präbiotika oder pflanzlichen Bestandteilen (z. B. Flohsamenschalen) kombiniert, um eine umfassendere Unterstützung der Darmgesundheit zu gewährleisten.
4. Dosierung und Anwendung
Die Dosierung von Bentonit variiert je nach Produkt und Anwendungsziel. Bei akuten Durchfällen von Hunden und Katzen wird oft eine kurzfristige, leicht erhöhte Dosis empfohlen, die anschließend reduziert wird. Folgende Richtwerte können als Orientierung dienen (immer auf die Herstellerangaben und tierärztliche Empfehlungen achten!):
- Hunde: Je nach Körpergewicht und Bentonit-Gehalt des Produkts ca. 1 bis 2 g Bentonit pro 10 kg Körpergewicht pro Tag.
- Katzen: Bei Katzen liegen die empfohlenen Tagesmengen in der Regel zwischen 0,5 und 1 g pro Tier pro Tag, abhängig von Gewicht und Schweregrad der Symptome.
Die Gabe erfolgt meist in zwei Portionen (morgens und abends) und wird mit dem Futter vermischt. Bei der Verwendung von Bentonit sollte immer auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.
5. Sicherheit und mögliche Nebenwirkungen
Grundsätzlich gilt Bentonit in der Tierernährung als sehr sicher. Dennoch sind einige Punkte zu beachten:
- Mineralstoffwechsel: Bentonit kann nicht nur unerwünschte Stoffe, sondern auch nützliche Mineralien und Vitamine binden. Bei Langzeitanwendungen und hoher Dosierung besteht daher ein gewisses Risiko einer Mangelversorgung (z. B. an Vitaminen oder Spurenelementen). Eine Überwachung des Ernährungsstatus ist bei Langzeitgaben sinnvoll.
- Verunreinigungen: Qualitativ minderwertiges Bentonit kann mit Schwermetallen oder Dioxinen belastet sein. Daher sollten ausschließlich Bentonite in Lebensmittel- bzw. Futtermittelqualität verwendet werden, die streng kontrolliert werden.
- Interaktionen mit Medikamenten: Wie andere absorbierende Substanzen kann Bentonit die Resorption von oralen Medikamenten beeinträchtigen. Daher wird häufig empfohlen, Bentonit zeitlich versetzt (mind. 2 Stunden) zu verabreichen, wenn das Tier andere Medikamente erhalten soll.
- Verstopfungsrisiko: Bei unzureichender Flüssigkeitszufuhr oder bei sehr hohen Dosierungen kann es zu einer Verstopfung kommen. Hier ist auf eine ausreichende Trinkwasserversorgung zu achten.
6. Fazit
Bentonit ist ein wirksamer und in der Regel gut verträglicher Futtermittelzusatz zur Unterstützung bei Durchfall von Hunden und Katzen. Seine Fähigkeit zur Bindung von Flüssigkeit und Toxinen sowie zum Schutz der Darmschleimhaut kann den Heilungsprozess positiv beeinflussen. Wichtig ist eine angemessene Qualität und Dosierung des Bentonits sowie die Einhaltung veterinärmedizinischer Empfehlungen. Insbesondere bei chronischen Durchfällen oder unklarer Ursache sollte immer eine tierärztliche Diagnose vorangehen, um das optimale Behandlungsregime festzulegen.
Quellen
- European Food Safety Authority (EFSA). (2016). Safety and efficacy of bentonite as a feed additive for all species (EFSA-Q-2014-00784). EFSA Journal 14(6):4488. https://doi.org/10.2903/j.efsa.2016.4488
- Verordnung (EU) Nr. 1060/2013 der Kommission vom 29. Oktober 2013 zur Zulassung von Bentonit (einschließlich Montmorillonit) als Futtermittelzusatzstoff.
- European Food Safety Authority (EFSA). (2012). Scientific Opinion on the safety and efficacy of bentonite as a technological additive for all species. EFSA Journal 10(7):2787.
- Di Girolamo, N. et al. (2016). Clinical evaluation of the effect of a clay-based supplement in cats with acute diarrhea. Journal of Feline Medicine and Surgery, 18(2), 132–136.
- Flournoy, W.S. (2017). Management of acute diarrhea in dogs and cats. Veterinary Clinics of North America: Small Animal Practice, 47(2), 375–386.
- Stormer, M. et al. (2012). Effects of calcium montmorillonite clay and aflatoxin B1 on performance and immunological parameters of dogs. Toxins, 4(8), 646–658. https://doi.org/10.3390/toxins4080646
Hinweis: Dieser Beitrag dient der fachlichen Information und ersetzt keine tierärztliche Beratung. Bei Verdacht auf ernsthafte Erkrankungen oder bei länger anhaltendem Durchfall sollten Sie stets eine Tierärztin bzw. einen Tierarzt konsultieren. Dieser Beitrag stellt keine Produktempfehlung dar und soll lediglich einen Überblick über den Rohstoff bieten